ZWEITES DEUTSCHES FERNSEHEN
Gremienbüro
ZDF-Straße 1
55100 Mainz
Sehr geehrte Damen und Herren Fernsehräte,
hiermit erhebe ich formal Programmbeschwerde gegen den Beitrag „Vorwurf der Propaganda: Nachwirkungen des Eritrea-Festivals, erschienen am 10.07.2023 21:48 Uhr auf
zdf.de, sowie den Videobeitrag „Gewalt bei Eritrea Festival in Gießen“ vom 22.07.2023, wegen Verstoßes gegen Qualitäts- und Programmrichtlinien für die ZDF-Angebote, sowie gegen die Bestimmungen von § 5 des ZDF - Staatsvertrages.
Vom 07.07.- 09.07.2023 fand in Gießen das Eritrea Festival statt. Seit 2011 sind die Messehallen der Stadt Austragungsort für die Feierlichkeiten. Davor fand das jährlich stattfindende Festival ab Ende der 1990er Jahre in der Eisporthalle in Frankfurt am Main statt. Die Tradition des Eritrea Festival geht zurück bis in die Jahrzehnte des Unabhängigkeitskampfes (1961-1991) und fand in dieser Zeit in der italienischen Stadt Bologna statt.
Seitdem sind die Festivals für die weltweit verstreute Diaspora ein Ort der Verbundenheit mit der alten Heimat, Ort der Begegnungen und lässt die Gemeinschaft teilhaben in Belangen Eritreas.
Das Festival hat immer ein „open door“ Prinzip verfolgt. So haben in der Vergangenheit diverse kommunale ansässige politische Akteure, Journalisten und Mitarbeiter von NGOs teilgenommen, die entweder einen spezifischen Eritrea Bezug haben oder einfach „nur interessiert“ waren. Die kulturellen und gesellschaftsrelevanten Programmpunkte haben sich insbesondere nach der Unabhängigkeit auch auf die Belange der in der Diaspora lebenden Gemeinschaft orientiert.
Beispiele sind:
- Ehrungen zu Hoch und Schulabschlüssen,
- Podiumsdiskussionen zu Themen der eritreischen Familienstrukturen uvm.
Es steht auch in der langen Tradition des Festivals, Künstler aus Eritrea einzuladen (z.B. Sänger, Schauspieler, Dichter usw.) Das Eritrea Festival war in den fast 40 Jahren seines Bestehens, nie in Zusammenhang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen oder Missachtung rechtstaatlicher Verordnungen aufgefallen. Es galt bis in das Jahr 2022 als friedliches Familienfest und für die Mehrheitsgesellschaften der jeweiligen Austragungsländer waren die Festivaltage quasi so unauffällig, dass die meisten es gar nicht bemerkten.
Meine Beanstandung richtet sich gegen die unausgewogene und in Teilen wiederholt falsche Berichterstattung in den Reportagen, die für das „ZDF-Heute Journal“ und „ZDF Heute“ in Filmen und in schriftlicher Form produziert wurden.
ZDF-Beitrag 1 erschienen am 10.07.2023 21:48 Uhr auf zdf.deTitel:
Vorwurf der Propaganda: Nachwirkungen des Eritrea-Festivals„Das Eritrea-Festival sorgte für Ausschreitungen in Gießen. Kritiker werfen der Veranstaltung vor, Propaganda für die eritreische Regierung zu verbreiten. Was ist passiert?“
Für den auf
zdf.de veröffentlichten Artikel ist kein Autor genannt. Hinweise darüber findet man lediglich auf Twitter. Da schreibt Susana Santina, „man ließ uns sogar in Halle drehen...“ und verlinkte auf den gleichen Clip, der auch im vorliegenden Artikel benutzt wird.
https://twitter.com/susa7170/status/16784357086655610891. Beanstandung im EinzelnenDas Drehteam erschien auf dem Festival ohne die bei öffentlich-rechtlichen Medien üblichen Erkennungszeichen (Logo auf dem Mikrophon oder ähnliches). Wieso erwähnt die Reportage nicht, dass der offenkundige Eindruck, den das Festival macht, ein für ein Festival normaler ist?
Der typische Festivalbesucher ist aus der Mitte dieser Gesellschaft (teilweise in dritter Generation in Deutschland zuhause) und hat, wie jeder andere Mensch auch, unterschiedliche Motivationen ein Festival zu besuchen: Atmosphäre, Tanz, Musik, Veranstaltungen, manche bevorzugen das kulturelle Programm (Gesprächsrunden, kulturelle Punkte). Das Festival inhaltlich nur auf Politik (d.h. Regierungsthemen) zu reduzieren, ist nicht nur irreführend, sondern falsch.
Die Leser des Artikels werden nicht darüber informiert, dass die Polizei Gießen im Vorfeld zur Veranstaltung (07.07 - 09.07.2023), Schreiben an Gewalttäter verschickt hat, die bereits bei den Ausschreitungen bei einem eritreischen Konzert in Gießen im Jahr 2022 vernommen und identifiziert wurden. Zur Kontextualisierung der Ausschreitungen vom 08.07.2023 ist daher die Frage, ob Wiederholungstäter beteiligt waren oder nicht, von zentraler Bedeutung.
Ich bitte die Programmverantwortlichen um Beantwortung folgender Fragen:
- In wessen Auftrag hat das Team in der Halle gedreht?
- Wie lange hielt sich das Drehteam in der Halle auf?
- Welche weiteren Anhaltspunkte hat das Drehteam für seine Behauptung, es handle sich um „Propaganda“ für die Regierung in Eritrea, außer, dass Vertreter begrüßt wurden und während der Tage anwesend waren? Ist die Gegenwart von Regierungsvertretern „Propaganda“?
- Welche weiteren Anhaltspunkte hat das Drehteam zu sagen, es handle sich nicht um eine kulturelle Veranstaltung?
- Waren in Gießen Personen, die polizeiliche Verordnungen ignoriert haben?
- Waren die Ausschreitungen Ausdruck spontaner Empörung oder waren sie eventuell Teil einer Strategie?
Im zweiten Abschnitt endet der Text mit folgenden Aussagen:
„Was hat es mit dem Festival auf sich?“/ „Gegner des eritreischen Regimes halten das Kulturfestival daher für eine Propagandaveranstaltung der Regierung.“
Die Randalierer, die in der Innenstadt von Gießen unterwegs waren, gehören einer Gruppe an, die sich die „BrigadeNHamedu“ nennt. Europa- und weltweit vernetzt, haben sie sich im Vorfeld des Festivals für diese „Operation“ in Gießen abgesprochen. („Operation“ ist der O-Ton diverser Planungsgespräche der BrigadeNHamedu, die in diversen Sozialen Medien geteilt werden).
Die Durchführung der Operation war eine im Vorfeld geplante Aktion die aus zwei Teilen, Plan A und Plan B besteht, laut Angaben des Führers John Black, das Festival auf rechtlichen Mittel (z.B. Verbot durch behördliche Instanzen). Sollte Plan A scheitern, tritt Plan B ein, der vorsieht das Festival unter Anwendung von Gewalt zu stoppen. Aus Videos, die in Sozialen Medien hohe Reichweite erreichten, ist bekannt, dass die BrigadeNHamedu aus Eritreern und Tegaru (Nordäthiopier) besteht.
Im nachfolgenden Abschnitt mit dem Subtitel „Lied bei Eritrea Festival ruft zur Gewalt gegen Menschen auf“ sehe ich ebenfalls Qualitäts- und Programmrichtlinien für die ZDF-Angebote verletzt bis nicht erfüllt.
2. Beanstandungen im EinzelnenIm Abschnitt nach dem Infokasten zu Eritrea (Framing) heißt es, dass ein Lied gespielt wurde, welches zur Gewalt gegen Menschen aufrufe (Zitat aus dem Text):
„Dazu wurde ein Lied gespielt, in dem zur Tötung aller Tegaru, also Menschen aus Tigray aufgerufen werde, wie in einem Social-Media-Video zu sehen ist.“ Eine beglaubigte Übersetzung des Liedes „Mendelay“ ist als Anlage beigefügt.
Im schriftlichen Beitrag auf
zdf.de ist kein Hinweis über das erwähnte Lied zu finden. Erst auf der Media Plattform Twitter, findet sich ein Verweis von Susanna Santina. In einem ihrer Tweets verlinkt sie auf ein Video auf dem Regierungsvertreter empfangen werden und im Hintergrund ist ein kurzer Auszug des Liedes zu hören.
Ihre Behauptung dazu:
„Vor unserem Dreh fand nämlich das statt: Vertreter der Militärdiktatur werden auf #Eritreafestival offiziell begrüßt und gefeiert. Dazu ein Lied, dass zur Tötung der Menschen aus Tigray aufruft. Keine Entschuldigung für Gewalt, aber Erklärung warum Veranstaltung auf Kritik stößt.“